AUF ERKUNDUNG IN SARDINIEN – ANEKDOTE 3
Den ITALO BASSI, Chef und Besitzer des „Ristorante Confusion” in Porto Cervo, den habe ich dann selbst entdeckt. Die grundsätzliche Idee ist ja bekanntlich, bei jedem Event mindestens einmal auch raffinierte Hochküche einzufügen, so auch für SARDINIEN – DAS INSEL-SPECIAL. Hier dann ein Gourmet-Menü sardisch-italienischer Bauart. Meine Anbahnung war aus der Erfahrung gesunden Menschenverstands betrachtet durchaus und vollständig: unrealistisch. Zeitlich ca. 3 Stunden vor Öffnung der Abendschicht des Restaurants startend. Aber, wenn ich erkunde, dann plane ich eben von Tag zu Tag, das ist im Ergebnis so eine Art kurzfristig strukturiertes Chaos mit der Lizenz zu kreativen Verläufen. Neuentdeckungen, Überraschungen, das Salz der Suppe sind nicht planbar. Auch nicht daheim vom Rechner aus. Die passieren wenn sich der spätere Reiseleiter vor Ort (ein bisschen basal strukturiert aber mit sattem Mut zur Lücke ) explorativ treiben lässt. Mit dem Risiko andere Dinge vielleicht zu verpassen. (Die kann ich dann aber daheim am Rechner nachholen)
Zurück zu Italo:
Zum Höhepunkt der Hauptsaison in Porto Cervo, dem absoluten Touri-HotSpot der Costa Smeralda, einem der absoluten Touri-HotSpots Italiens, wenn nicht Europas einen Tisch beim besten Küchenchef weit und breit (mit dem ältesten Micheln-Stern der Costa Smeralda) zu bekommen, das bräuchte allerdings so etwas wie einen Plan. Zumindest aber: Vorlauf.
Oder eben Glück. Ich hatte gleich Tatjana, damalige „Madame Confusion“ am Apparat.
Sie: You are one lucky guy, just received a cancellation…
Dann: How many are you?
Ich: i am on my own.
Sie: Stille. Atmen. Stille.
Sie: ok, can you come at 7:30pm? (es war halb vier) You can have a table until 9:30pm
Ich: ok, i’ll be there
Die 19:30 Uhr habe ich dann deutlich gerissen, weil ich in meiner Naivität voll in folgende, total überraschende (nicht) Problemstellung reingerasselt bin: wo parken gegen 19:15 Uhr an einem 25. August im Maximaltrubel von Porto Cervo? Natürlich: weit außerhalb!
Dann endlich, ein wenig von der Hitze des Herwegs gezeichnet, im „Confusion“. Als einziger alleine am Tisch und zunächst auch im gesamten Restaurant. Ein Teil des Küchenteams wirbelte schon in meinem Rücken. Fabio, der Sommelier brachte die Weinkarte, weil die Menüwahl ist beim Erkunden für mich gesetzt: “Signature“. Ich möchte schließlich wissen, wie der Chef sich sieht und wie er gesehen werden möchte. Also: sofort den Blick in die Weinliste und der Loeven fiel gleich mal in tiefste Ohnmacht, oder war es Schock? Fast nur Labelweine aller höchster Provenienz und die mit Mondpreisen versehen. Der Sommelier stimmte meiner Einschätzung zu und sagte lachend, die Costa Smeralda sei nun mal Schickimicki (eher freie Übersetzung meinerseits) und sie hätten noch die günstigste Weinkarte in der gesamten costasmeraldischen Gourmet Gastronomie. Ich bestellte was Weißes aus der Nähe – zu noch unter 100€ die Flasche.
Die Grüße kamen schnell: schon mal sensationell.
Dann der 1. Gang: „Yin Yang” betitelt (Italo war einige Jahre in Ostasien, konkret: Japan), nahezu vegan, sieht man mal vom großzügig applizierten Klecks Kaviar ab und dem super crispy gerösteten Krabbenschädel. „Yin Yang“ stellt eine Kugel-Komposition aus (der wohlschmeckendsten, mir je untergekommenen) Avocado und mit Ingwer aromatisiertem Quinoa dar, die in einem Spiegel aus einer kalten Mango Paprika Sauce platziert wird. Da ich der Küche so nah saß, versuchte ich gleich mal 15 Liter dieser Sauce (für den Hausgebrauch) zu organisieren. Ich bekam allerdings nur freudiges Gelächter – aber davon reichlich – aus der jungen Truppe zurück sowie Italos Aufmerksamkeit.
Er meinte dann bald, mein Wein, ein Vermentino di Gallura sei eine tolle Wahl zum „Yin Yang“ gewesen. Aber passe nicht zu den folgenden Ravioli mit Perlhuhnfüllung, er hätte da eine bessere Idee. Auch für die spätere Taube wüsste er noch was.
Ich musste ihm dann zu verstehen geben, dass ich nicht wirklich Zielgruppe für seine Weinkarte sei. Er: “if you have to drink what i like, it goes on me, understand?”.
War das schon Mitleid mit dem allein reisenden Herrn in seiner zweiten Lebenshälfte, der auch noch am pricing der Weinkarte rummacht? Oder die Freiheit eines gastgebenden Lebemannes mit Sinn für Situationen?
Zwischen den Gängen saß er immer mal kurz bei mir und wir stießen an. How you like it? „Meravigliosa, ottimo, stupendo!”, ich weiss ja dann doch manchmal was sich gehört. Und es war wirklich ein Genuss. Gerichte, Weine, das Pairing: super.
Er brachte einen Burgunder zu den Perlhuhn Ravioli und einen schönen gereiften Barolo zur Taube.
Das Restaurant war mittlerweile voll besetzt. Italo kam immer wieder und setzte sich auch gelegentlich.
Natürlich auch weil wir dabei die Optionen für eine Kooperation besprochen haben. “In April,” sagt er, “we are still closed. Usually, we open on May 1st”. Er würde aber öffnen für uns. Die Saison-Eröffnung um eine Woche vorziehen.
Ich glaube, Italo Bassi, dem Sterne-Koch (zwei mal 3-Sterne in seiner Karriere geholt und dann gehalten) war es doch ein bisschen fad mit dem üblichen aufgedonnerten „greet and meet“ Costa Smeralda Schicki-Micki Klientel.
Für mich: ein sau-cooler Typ.
Nachdem ich bezahlt hatte, ließ er es sich nicht nehmen, mir an der Türe noch die mittlerweile sicher verpackten, halb-leeren (in Wahrheit: halb-vollen) Flaschen in die Hand zu drücken: per la camera.
Glücklich und beschenkt von diesem Abend ging ich dann an der draußen auf einen Tisch wartenden Schlange vorbei wieder bis ins Außerhalb von Porto Cervo.
Italo Bassi, Du großherziger Gastgeber!
Im April 2025 stelle ich Italo Bassi gerne auch Ihnen vor.